Grundidee der Jagsttalbahn im Modell


Warum machen wir das eigentlich?

Aktualisiert: 02. Juni 2022

erster Impuls von Roland Feraric

Bei der Durchsicht der Unterlagen vom Bahnhof Dörzbach habe ich ein Blatt Aufzeichnungen von Alexander Lösch mit Datum 21.1.2002 gefunden, in denen er erste Gedanken zum Bau des Bahnhofes Dörzbach im Maßstab 1:87 notiert hat.

Dieses Datum möchte ich als Geburtsstunde unserer Jagsttalbahn im Modell nehmen.

Doch wie kam es dazu?

Fast alle heutigen Mitstreiter der Modell Jagsttalbahn waren schon lange im Fremo (Freundeskreis Europäischer Modelleisenbahner). Dort gab es bereits vereinzelt vorbildgerechte Bahnhöfe, aber eine ganze Vorbildbahn, das gab es meines Wissens noch nicht. Auf der Fahrt zur Jahreshauptversammlung des Fremo 1995 in Calw haben wir einen Zwischenstopp im Jagsttal eingelegt, da es auf dem Weg von Norddeutschland lag. Das war für fast alle die erste Berührung vor Ort mit der Bahn. Der Betrieb war schon seit sieben Jahren eingestellt, und die Bahn machte teilweise einen trostlosen Eindruck. Speziell die schutzlos der Witterung ausgesetzten Wagen hinterließen eine mitleiderregende Erinnerung. Da sprang der Funke noch nicht über. Uwe Stehr stand sogar sichtlich geschockt im Bahnhof Möckmühl, der seiner schmalspurigen Gleise bereits beraubt war. Uwe hatte als einziger von uns die Bahn im Jahr 1986 noch in Betrieb erleben dürfen. Im Jahr 2001 hatten Alexander Lösch und ich die Idee eine Schmalspurbahn im Maßstab 1:87 nachzubauen. Wir schwankten zwischen der Bottwartalbahn und der Jagsttalbahn. Die Vielzahl an interessanten Fahrzeugen und der Bahnhof Dörzbach gaben schließlich den Ausschlag für die Jagsttalbahn.

Schon damals war unser Anspruch die Bahnhöfe mit den Gleisanlagen und Gebäuden vorbildgerecht darzustellen. Als Vorbildzeitraum legten wir 1969 bis 1975 fest.

Da wir selbst erst Anfang der sechziger Jahre geboren waren, waren wir auf Bilder anderer angewiesen, die damals schon die richtigen Bilder gemacht haben. Hier möchte ich mit Gerd Wolff, Dieter Höltge und Klaus Jördens nur die ersten drei Herren erwähnen, die mit ihren Bildern unser Projekt erst ermöglicht haben. Es kamen noch viele weitere Damen und Herren hinzu, die uns Bilder und Unterlagen zur Verfügung gestellt haben und bei denen ich mich hier dafür ganz herzlich bedanken möchte.

An Büchern stand uns damals das Buch „Schienenwelt in Farbe Die Jagsttalbahn“ von Martin Uhlig zur Verfügung. Im Jahr 2002 kam dann das Buch „Die Jagsttalbahn“ von Utz von Wagner hinzu. Dieses Buch war mit seinen Gleis- und Fahrplänen, Bildern und Informationen eine unschätzbare Informationsquelle. Das Buch „Die Fahrzeuge der Jagsttalbahn“ setzte mit seinen Fahrzeugzeichnungen und Informationen in diesem Bereich auch heute noch Maßstäbe.

Eine weitere wichtige Hilfe waren die Luftbilder aus dem Jahr 1968, die wir beim Landesvermessungsamt Baden-Württemberg bestellen konnten. Heute ist es auf der Homepage leo-bw.de möglich, nicht nur das ganze Jagsttal, auch im Jahr 1968, kostenlos anzuschauen. Anhand dieser Luftbilder hat Michael Dettmer einige der Bahnhofsgleispläne entworfen. Trotz dieser ersten sehr nützlichen Pläne und Bilder war für die vorbildgerechte Umsetzung ein weiterer Besuch im Tal unserer Begierde dringend notwendig. Jetzt hatten wir eine erste Vorstellung, was wir noch alles für Bilder und Maße benötigten.

Bewaffnet mit Laufmessrad, Kamera, Zollstöcken, Messlatten usw. ging es 2004 in das schöne Jagsttal. Als wir so ausgerüstet in Krautheim am Bahnhof aus Michaels VW-Bus stiegen, wurden wir gefragt, ob die Bahn wieder aufgebaut wird, da man uns für einen Vermessungstrupp gehalten hat. Das traf auch fast in allen Punkten zu. Wir haben alles vermessen und die Bahn wurde zwar nicht wiederaufgebaut aber immerhin im Maßstab 1:87 nachgestellt.

Im Jahr 2005 machten wir uns auch über einen Internet Auftritt Gedanken. Ich habe eine Unterrubrik auf der Homepage der großen Jagsttalbahn vorgeschlagen. Uwe Stehr war aber so vorausschauend und hat eine eigene Homepage entworfen, die er noch heute dankenswerterweise betreut. Diese ging am 17.3.2005 online. In den Jahren 2007 und 2009 stellten wir unsere Module im Rahmen des Bahnhof Festes im Lokschuppen Dörzbach aus. Zu diesen Treffen luden wir auch Fotografen ein, die uns bereits mit ihren Bildern geholfen haben, bzw. von denen wir weitere Bilder erbetteln wollten. Alle waren von unserem Vorhaben begeistert, Es war teilweise schon beeindruckend wie begeistert so mancher Freund der Bahn war, dass endlich mal wieder ein Zug durch das Tal fuhr, speziell wenn sie selbst den Regler in der Hand hatten, auch wenn es nur im Maßstab 1:87 war. Auch die „normalen“ Besucher waren die besten Kritiker.

Wenn der Schülerzug in Krautheim einfuhr und von mehreren Zuschauern die Zustimmung kam, dass es genau so war, hatte man die Bestätigung, dass die vorbildgerechte Umsetzung gelungen war. Die Bekanntschaft zu Hermann Braun, dem letzten örtlichen Betriebsleiter, erwies sich ebenfalls als Glücksfall. Sein schier unendliches Archiv an Unterlagen und Bildern von der Bahn stillte oftmals unseren riesigen Hunger nach Informationen. Die zunehmende Anzahl an Bildern brachte aber auch ein Problem mit sich. Wie sollten wir ein gesuchtes Bild finden? Für dieses Problem hatte Klaus Holler eine geniale Lösung in Form einer Bilderdatenbank. Nur so ist es uns möglich, in der mittlerweile auf 13.000 Bilder angewachsenen Sammlung, die gesuchten Bilder zu finden.

Diese Vorbildbilder brachten viele Details zum Vorschein, die man auf dem „gewöhnlichen“ Bild „Zug im Bahnhof“ gar nicht erkennen konnte oder wahrgenommen hat. Genau die Details waren es aber, die uns am „perfekten“ Nachbau so reizten.

Walter Seidensticker, der vier eigene Loks bei der „großen“ Jagsttalbahn eingestellt hatte, war von unserem Vorhaben so angetan, dass er uns ein Modell der Lok Bielefeld als Dauer Leihgabe zur Verfügung gestellt hat.

Durch das Fräsen von Polystyrolplatten entstanden viele Gebäude. Klaus Holler ist ein Meister der Ätztechnik und hat in dieser Technik die Seckach Brücke geschaffen. Ein weiterer Meilenstein, nicht nur in der Umsetzung unseres Bauvorhabens, ist sicher die 3D Technik. Uwe, Henrik und Rene können, nach Einarbeitung in das kostenlose Zeichenprogramm FreeCAD, wahre Kunstwerke entstehen lassen. Der Bau aller vorbildlichen Güter- und Beiwagen war so möglich. Als Krönung dieser Technik entstehen gerade die Häuser der Ortsdurchfahrt Berlichingen mitsamt der riesigen Kirche und einige Gebäude in Dörzbach inkl. Lagerhaus und Silo Turm.

Über weitere Unterstützung in jeglicher Form würden wir uns sehr freuen. Auch weitere Mitstreiter sind herzlich willkommen.

Wieso die Jagsttalbahn? von Uwe Stehr

Nach landläufiger Meinung zeichnet sich eine gute Modellbahn durch folgende Punkte aus:

Für die Umsetzung in einem modularen Konzept kommt noch ein weiterer Faktor hinzu:

Steigungen lassen sich in gewissen Grenzen zwar auch in einem modularen Konzept umsetzten, aber ungleich schwerer.

Was bietet da die Jagsttalbahn?

Identität

Schon zur Eröffnung der Bahn am 18. Dezember 1900 wurde der Güterverkehr zum Teil mit dem seinerzeit neuen System der auf Rollböcken aufgeschemelten Regelspur Güterwagen abgewickelt. Lichtraumprofil und die Brücken waren beim Bau darauf ausgerichtet und ermöglichten so einen Einsatz des Rollbockverkehrs auf der kompletten Strecke. Die einzelnen Stationen der Strecke verfügten über Absetzgleise um die regelspurigen Wagen zum Be- und Entladen vor Ort zu lassen.

Dem Personenverkehr wurde ebenfalls von Beginn an eine größere Bedeutung beigemessen, so begann die Bahn mit 8 Personenwagen und einem Salonwagen die in zwei Zugpaaren aufgeteilt die Stecke viermal am Tag befuhren.

Für Post- und Expressgut Verkehr wurden ebenfalls zwei Wagen beschafft und seitens der Post zwei Beamte für den Betrieb abgestellt.

Für den Personen- und Güterverkehr standen auch von Beginn an vier Dampflokomotiven zu Verfügung.

Die Einbettung der Strecke durch das Jagsttal entlang dem Flüsschen Jagst, von dem auch der Name der Bahn stammt, erzwingt an drei Stellen eine Überquerung der Seckach, einem Nebenstrom der Jagst und zwei Überquerungen der Jagst selber. Diese Brückenbauwerke stellen, zusammen mit den Vorflutbrücken und dem erhöhten Lichtraumprofil der Regelspurwagen für die Schmalspurbahn imposante Bauwerke dar.

Es finden sich entlang der Strecke eine Ortsdurchfahrt und zwei Anschließer, ein Steinbruch, der auch für die Versorgung der Bahn mit Schottern dient, ist ebenfalls darunter. Große Genossenschaftsbauten werden ebenso angefahren wie eine Möbeltischlerei. Auch Viehverladung findet in nennenswertem Umfang statt.

Das betriebliche Rückgrat der Bahn ist jedoch der alljährliche Rübentransport im Herbst und Winter. Hierfür beschaffte die Bahn einen umfangreichen Wagenpark an offenen Wagen und später auch markante Verladeanlagen zum Beladen der aufgeschemelten, offenen Regelspurwagen.

Zu einer Zeit als anderswo der Personenverkehr bei Schmalspurbahnen kaum noch eine Rolle spielte nahm die Bahn diesen, nach dessen Einstellung im Jahre 1951, 1966 mit dem Schülerverkehr wieder auf und errichtetet für einen Schulneubau in Bieringen sogar eine eigene Haltestelle.

Die Einstellung der Rübentransporte bei der DB waren dann natürlich ein harter Einschnitt bei der Bahn, aber zu diesem Zeitpunkt wuchs der Museumsbetrieb der DGEG, der schon 1971 mit dem Eintreffen der Dampflok "Helene" zaghaft begonnen hatte.

Zum Zeitpunkt der Einstellung des Fahrbetriebs auf der Jagsttalbahn befanden sich 6 Dampflokomotiven, 3 Triebwagen und 2 Dieselloks bei der Bahn und bildeten mit dem Wagenpark, der zu einem großen Teil noch aus den Anfängen der Bahn 1900 stammte, einen sehenswerten Fuhrpark.

Aufgabe und Funktion

Im Jahr 1869 wurde Staatsbahnverbindung Heilbronn - Würzburg durch das untere Jagsttal in Betrieb genommen. In der Folge erwuchs der Wunsch auch das mittlere Jagsttal mit der Bahn zu erschließen. Da eine Ausführung in Normalspur aus verschiedenen Gründen scheiterte, entschied man sich zum Bau eine Schmalspurbahn mit einer Spurweite von 750mm. Diese wurde dann am 18. Dezember 1900 in Betreib genommen.

Neben dem Personen-, Schüler- und Touristenverkehr beförderte die Bahn weitere Frachten:

Für den Erhalt der Fahrzeuge standen Einrichtungen in den Bahnhöfen Möckmühl, Bieringen und Dörzbach zu Verfügung.

Alle diese Transportaufgaben und Frachten lassen sich auch im Modell umsetzen und darstellen.

Betriebliche Konzeption

Auf den Modulen der Jagsttalbahn läßt sich nun der Betrieb in unterschiedlichen Epochen darstellen:

Je nach gewählter Epoche und Jahreszeit lassen sich nun unterschiedliche Fahrzeuge und Zugdichten darstellen.

Vom Beginn der Bahn an wurde der Betrieb im Zugleitverfahren abgewickelt. Die Zugleitung befand sich dabei im Bahnhof Dörzbach und die Meldung der Zugmannschaften erfolgte durch Fernsprecher in den Bahnhöfen, oder an Streckentelefonen. Diese Betriebsform läßt sich auch im Modell durch die Verwendung einer größeren Telefonanlage darstellen und ist so auch die von uns gewählte Betriebsform der Jagsttalbahn im Modell.

Realismus und Glaubwürdigkeit

Um Realismus und Glaubwürdigkeit Rechnung zu tragen werden alle Betriebsstellen maßstäblich nachgebildet. Dies erfordert zum einen die Vermessung vor Ort, wo diese noch möglich ist, und den konsequenten Selbstbau von Gleisen, Weichen, Hochbauten und Fahrzeugen.

Da die Betriebsstelle "Möckmühl" als Übergangsbahnhof auf eine zweigleisige Hauptstrecke in maßstäblicher Umsetzung jedes vernünftige Maß sprengen würde, haben wir uns dort lediglich um den Nachbau des schmalspurigen Teils der Jagsttalbahn und nur der für das Aufbocken wichtiger Regelspurgleise gekümmert. Schließlich wollten wir keine regelspurige Hauptbahn nachbauen.

Einige recht komplizierte Bauten entstehen so erst nach und nach, der Steinbruch in Berlichingen, die Ortsdurchfahrt oder die Jagstbrücken. Diese rückten erst mit den Möglichkeiten des 3D Druckes in den letzten Jahren in den Bereich der Herstellbarkeit, was auch für einige Fahrzeuge gilt, die nur durch Umbauten vorhandener Modelle, oder eben kompletter Eigenbauten möglich wurden.

Als Jahreszeit wurde "Sommer" gewählt, dies ist für einen glaubwürdigen Rübenverkehr nicht sehr hilfreich, aber es erlaubt die Verwendung von bereits existierenden Modulen, speziell der Streckenmodule. So lassen sich derzeit die maßstäblichen ~460m Strecke zwar auch noch nicht komplett darstellen, aber etwas über 100m erreichen die Arrangements der Jagsttalbahn im Modell schon heute.

Atmosphäre

Durch die ungekürzten Längen der Betriebsstellen und die Umsetzung der Fahrzeuge der Jagstalbahn läßt sich der Betrieb der Bahn im Modell sehr überzeugend darstellen. Die dabei fehlenden Streckenlängen zwischen den Betriebsstellen, in der Regel müssen wir hier mit Entfernungen von 5m auskommen, trägt eine Zeitverkürzung von 1:3 (= 3x so schnell) Rechnung. Die Abstände zwischen den Bahnhöfen sorgen aber auch schon für eine ausreichende optische Trennung zwischen den Betriebsstellen.

Bis auf die wenigen Zugkreuzungen ist eine Zugmannschaft allein auf dem Arrangement und der jeweiligen Betriebsstelle, was dem eher ruhigen Betrieb einer Schmalspurbahn sehr nahekommt. Die langsam fahrenden Züge und die ruhige "unaufgeregt" Landschaft tun ein Übriges, um die Atmosphäre einer Schmalspurbahn zu vermitteln.

Steigungen

Die Jagsttalbahn schlängelt sich auf 40km Länge der Jagst entlang. Das ruhige Flüßchen hat zwar wenige Staustufen von geringer Höhe, aber die Bahn weißt auf der kompletten Länge kaum wesentliche Steigungen auf, was der Umsetzung als modularer Modellbahn sehr entgegen kommt.

...der Rest ist noch immer eine Baustelle